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BVerfG: Zitate aus E-Mails fällt unter Meinungsfreiheit

Mittwoch, 14. April 2010 22:14

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 07.04.2010 (Az.: 1 BvR 2477/8) entschieden, dass die Veröffentlichung von Zitaten aus einer E-Mail unter die Meinungsfreiheit fällt. Ein solches Zitat kann somit nicht ohne Weiteres zivilrechtlich verboten werden.

Der Sachverhalt

Der Beschwerdeführer betreibt eine Internetseite, auf der er eine Onlinezeitung publiziert. Er beabsichtigte, dort einen Artikel des Autors R. zu veröffentlichen, der sich mit einem Rechtsstreit befasste, in dem R. auf Unterlassung der Veröffentlichung eines Buches in Anspruch genommen wurde. Der Beschwerdeführer fragte schriftlich bei dem Sozius des Rechtsanwalts H., der den Kläger in jenem Rechtsstreit vertrat, an, ob er ein auf dessen Kanzleihomepage vorhandenes Foto für die Veröffentlichung verwenden dürfe. Der Sozius widersprach ausdrücklich der Nutzung von Bildern seiner Person und seines Sozius H. und drohte dem Beschwerdeführer mit rechtlichen Schritten. Im Zusammenhang mit dem anschließend veröffentlichten Artikel des R. auf seiner Website, in dem sowohl das Auftreten als auch die äußere Erscheinung des Prozessvertreters H. kommentiert wurden, merkte die Redaktion an, dass der Beschwerdeführer auf Anfrage „ein
eindrucksvolles Homepage-Foto seiner Kanzlei zu R.s Glosse nicht habe freigeben wollen“. Zudem wurde der Inhalt der E-Mail des Klägers sowie einer weiteren E-Mail, mit der H. ausdrücklich der Verwendung seines Bildes widersprochen hatte, wörtlich wiedergegeben.

Der Kläger nahm den Beschwerdeführer daraufhin beim LG Berlin auf Unterlassung wörtlicher Zitate aus dem anwaltlichen Schreiben in Anspruch. Den Anspruch bejahte das LG mit Urteil vom 5. Juni 2007. Der Anspruch ergebe sich aus § 823 Abs. 1 und Abs. 2 in Verbindung mit § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB, so das Gericht. Der Kläger werde durch die Wiedergabe seiner harsch formulierten Ablehnung auf der Website des Beschwerdeführers öffentlich als jemand vorgeführt, der auf eine schlichte Anfrage mit einer scharfen Drohung reagiere. Die dadurch erfolgte Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts des Klägers wiege schwerer als das Interesse der Öffentlichkeit an dieser Information.

Dazu das Bundesverfassungsgericht:

„Soweit das Landgericht darauf abhebt, dass der Kläger „öffentlich vorgeführt“ werde, mag dies als Bezugnahme auf die Rechtsfigur der Prangerwirkung zu verstehen sein. […] Ihre Anwendung auf den vorliegenden Fall ist jedoch nicht nachvollziehbar begründet. Die Urteilsgründe lassen insbesondere nicht erkennen, dass das mit dem Zitat berichtete Verhalten des Klägers ein schwerwiegendes Unwerturteil des Durchschnittspublikums oder wesentlicher Teile desselben nach sich ziehen könnte, wie es der Annahme einer Anprangerung vorausgesetzt ist.”

Zum Thema: Abwägung zwischen Persönlichkeitsrecht und Interesse der Öffentlichkeit:

„Vielmehr gewährleistet das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG primär die Selbstbestimmung des einzelnen Grundrechtsträgers über die Entfaltung seiner Persönlichkeit in der Kommunikation mit anderen. Bereits hieraus bezieht das Grundrecht sein in eine Abwägung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht einzustellendes Gewicht, das durch ein mögliches öffentliches Informationsinteresse lediglich weiter erhöht werden kann. Angesichts dessen stellt es eine verfassungsrechtlich bedenkliche Verkürzung dar, wenn die Gerichte dem Kläger vorliegend allein deshalb einen Unterlassungsanspruch zuerkannt haben, weil dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht das Informationsinteresse der Öffentlichkeit überwiege.”

Das Bundesverfassungsgericht hat die gerichtlichen Entscheidungen per Beschluss aufgehoben und zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

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Videoüberwachung kann Persönlichkeitsrecht verletzen

Mittwoch, 14. April 2010 0:52

Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera stellt einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Dieser wäre nur gerechtfertigt, wenn die Überwachung zur Abwehr schwerwiegender Beeinträchtigungen erforderlich wäre. Ist dies nicht der Fall, kann die Entfernung der Videokamera verlangt werden.

Zum Sachverhalt

Der Vermieter einer Wohnung installierte im Oktober 2008 im Treppenhaus seines Mietshauses im Erdgeschoss eine Videokamera. Die Kamera war von innen auf die Eingangstüre gerichtet und erfasste jede Person, die das Haus betrat und sich im Eingangsbereich aufhielt. Eine Mieterin des Anwesens sah dies und forderte den Vermieter auf, die Kamera zu entfernen. Als er dies verweigerte, erhob sie Klage vor dem AG München. Schließlich sei ihr Persönlichkeitsrecht verletzt. Dies sah der Vermieter anders: Vor dem Anwesen seien Fahrräder gestohlen, die Hauseingangstür sowie der Hauseingangsbereich mit Farbe besprüht worden. Deshalb sei er berechtigt, die Kamera anzubringen.

Entscheidung des AG München

Der zuständige Richter gab der Mieterin Recht:

Die Überwachung des Hauseingangs durch eine Kamera – und zwar unabhängig davon, ob eine Speicherung der Bilder erfolge – stelle einen erheblichen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Mieters dar. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasse auch die Freiheit von unerwünschter Kontrolle und Überwachung durch Dritte. Dies beinhalte für den Mieter einer Wohnung nicht nur die Freiheit, die eigene Wohnung zu verlassen und zu betreten, ohne dass dies überwacht werde. Es beinhalte auch das Recht, ungestört und unüberwacht Besuch zu empfangen.

Der Eingriff wäre allenfalls gerechtfertigt gewesen, wenn die Überwachung zur Abwehr von schwerwiegenden Beeinträchtigungen des Beklagten erforderlich und eine drohende Rechtsverletzung anderweitig nicht zu verhindern gewesen wäre. Entgegen der Ansicht des Vermieters komme es hierbei nicht darauf an, ob eine offene oder verdeckte Überwachung vorliege. Bei einer offenen Überwachung könne der Mieter zwar sein Verhalten darauf einstellen, dass er überwacht werde, die Überwachungsfunktion und Unfreiheit bleibe aber bestehen.

Für eine derartige Rechtfertigung lägen keine Gründe vor. Konkret habe nur ein Vorfall berichtet werden können, bei dem eine Besprühung der Hauseingangstür, der Klingel, des Lichtschalters und des Gehweges erfolgt sei. Es sei schon fraglich, ob ein einmaliger Vorfall überhaupt ausreichen würde. Eine Überwachung wäre jedenfalls nur gerechtfertigt, wenn diese derartige Vorfälle auch verhindern könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall. Der im Außenbereich besprühte Bereich könne allenfalls bei geöffneter Hauseinganstür von der Kamera erfasst werden. Bei geschlossener Tür nütze die Kamera nichts. Diese sei daher zur Verhinderung von Straftaten nicht geeignet. Das gelte auch für gestohlene Fahrräder, da die Kamera die Abstellplätze nicht erfasse.

Das Urteil ist rechtskräftig. (AG München, Urt. v. 16. 10. 2009 – AZ 423 C 34037/08)

Quelle: Pressemitteilung des AG München Nr. 16 v. 12. 4. 2010

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AG Grimma und Eilenburg: Blitzerfoto als Beweis nicht zulässig

Sonntag, 22. November 2009 17:07

Wie die „WirtschaftsWoche“ berichtet, hat das AG Grimma und Eilenburg entschieden, dass Fotos von Blitzanlagen sowie deren Speicherung einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen. Ein solcher Eingriff sei demnach nur bei einer gesetzlichen Grundlage legitim. Dies sei aber nicht gegeben.

Die Richter orientierten sich an einem Urteil des Bundesverfassungsgericht vom August dieses Jahres. Demnach sei für Geschwindigkeitskontrollen per Videoaufnahme eine Gesetzesgrundlage erforderlich. Hier hat das Bundesverfassungsgericht angenommen, dass das allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt wird, da schließlich jeder Bürger auch bei ordnungsgemäßer Fahrweise aufgenommen wird. Bei Blitzern ist dies jedoch nicht der Fall, da nur Personen erfasst werden, die unter Verdacht stehen eine Tempoüberschreitung begangen zu haben. Dies sah das Amtsgericht Eilenburg anders. Ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung sei bereits dann gegeben, wenn „zur Identifizierung des verdächtigen Fahrers ein Bild technisch fixiert (wird), das als Beweismittel jederzeit abrufbar ist und aufbereitet und ausgewertet werden kann„.

Das Bundesverkehrsministerium teilte der „WirtschaftsWoche“ auf Anfrage mit, dass der Sachverhalt „juristisch geprüft“ werde.

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spickmich.de gewinnt erneut vor Gericht

Freitag, 18. April 2008 13:35

Spickmich.de, Betreiber eines Schülerportals, hat am 22.08.2007 ein Verfahren gegen eine Gymnasiallehrerin vor dem LG Köln gewonnen (Akte-Abmahnung berichtete). Nun wurde eine weitere Klage, diesmal einer Realschullehrerin, vor dem Landgericht Duisburg abgewehrt.

Am 12.März wurde vor dem LG Duisburg verhandelt. Heute dann das Urteil: Das benoten von Lehrern durch Schüler sei zulässig. Trotzdem ist noch nicht alles überstanden. Die in Köln unterlegene Lehrerin hat angekündigt sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Eine Ausführliche Urteilsbegründung des Gerichts werden wir nach erscheinen veröffentlichen.

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Kein Zwang zum Umgang mit Kind

Dienstag, 1. April 2008 12:46

„Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.“.
Das Besagt jedenfalls § 1684 BGB. Eltern dürfen aber vom Staat in der Regel nicht zum Umgang gezwungen werden, so das Bundesverfassungsgericht in seinem heutigen Urteil.

Im vorliegenden Fall ging es um einen verheirateten Mann, der mit einer Ehefrau zwei Kinder hat. Er hat außerdem einen außerehelichen neunjährigen Sohn, für den er Unterhalt zahlt, jedoch keinen persönlichen Kontakt wünscht. Die Begründung: Er will seine Ehe nicht gefährden. Vor vier Jahren wurde er vom Oberlandesgericht Brandenburg unter Androhung von 25.000 Euro Zwangsgeld verurteilt, seinen Sohn alle drei Monate zu besuchen. Das Gericht berief sich dabei auf das oben zitierte Gesetz. Dagegen legte der Vater Verfassungsbeschwerde ein und begründete sie damit, dass er sich durch die Zwangsgeldandrohung in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt fühle. Die Mutter des Kindes wollte den Mann zwingen, seinen Sohn regelmäßig zu besuchen. Dies sei jedoch nicht zum Wohle des Kindes. Außerdem dürfe eine Umgangspflicht grundsätzlich nicht zwangsweise durchgesetzt werden, so das Gericht. Bundesverfassungsgericht, Az.:1 BvR 1620/04 vom 01.04.2008

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Verlinkung auf beleidigende Inhalte

Montag, 10. März 2008 19:09

Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass derjenige der auf beleidigende Äußerungen eines Dritten verlinkt sich diese Inhalte zu eigen macht. Der Geschädigte hat durch die Ehrverletzung und der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts Anspruch auf Ersatz des materiellen und immateriellen Schadens. Ein einfacher Hinweis auf die Verantwortung des fremden Site-Betreibers reicht dabei nicht aus um sich von der Haftung zu befreien. LG Hamburg, Urteil vom 12.05.98

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Veröffentlichung von Abmahnschreiben

Freitag, 7. März 2008 15:49

Das Abmahnschreibens eines Anwalts darf i.d.R. veröffentlicht werden, da einfache Schreiben keine gewisse Schöpfungshöhe erreichen um den urheberrechtlichen Schutz zu genießen. Sofern ein sachlicher Grund vorliegt, wird der Anwalt durch die Veröffentlichung nicht im Allgemeinen Persönlichkeitsrecht oder der Berufsausübungsfreiheit verletzt. Beschluss vom 16.10.2007, Az.: 29 W 2325/07

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Störerhaftung des Admin-C

Montag, 25. Februar 2008 20:24

Der Admin-C haftet nicht für Persönlichkeitsrechtsverletzungen des Betreibers einer Webseite.
Urteil des OLG Hamburg vom 22.05.2007, Az.: 7 U 137/06

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Lehrerbewertung im Internet zulässig

Montag, 25. Februar 2008 20:16

Mit dem Urteil vom 22.08.2007 stellte das LG Köln fest, dass die Bewertung eines Lehreres auf Basis eines Schulnotensystems keinen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht darstellt. Solange die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten wird, stellt dies ein Werturteil dar und ist zulässig.
Urteil des LG Köln vom 22.08.2007, AZ 28 O 333/07

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