Beiträge vom Januar, 2010

AG Berlin: Wertersatz nach Widerruf trotz EuGH-Urteil möglich

Donnerstag, 14. Januar 2010 20:39

Händler haben es mit den größtenteils strengen Widerrufsregelungen schwer. Insbesondere kleinere Händler. Viele Kunden neigen nämlich dazu, sich Ware nur zuschicken zu lassen, weil sie diese kurzfristig benötigen. Eine echte Kaufabsicht wird meist nicht verfolgt. Das mindert oft den Wert der Ware. Am 03.09.2009 hat der EuGH entscheiden, das die Bestimmungen des BGB, wonach schon allein für die Prüfung der Ware eine Wertersatzpflicht besteht, gemeinschaftswidrig sind (wir berichteten). Ein Urteil, dass die ohnehin strenge Regelung nochmals verschärfte. Doch die Regelung gilt nicht immer, wie das Amtsgericht Berlin-Mitte kürzlich entschied.

Im vorliegenden Fall ging es darum, ob ein Shopbetreiber Wertersatz für Gebrauchsspuren an einem Gerät verlangen fall. Der Händler kürzte den Erstattungsbetrag um 55 EUR, da er Wertersatz geltend machte. Der Verbraucher klagte. Das Gerät wies, bei einem bestimmten Lichteinfall, Gebrauchsspuren auf, so der Händler. Das Gericht sah darin eine Wertminderung, unterstellte jedoch keine schuldhafte Pflichtverletzung.

„Jedoch handelt es sich um Gebrauchsspuren, die nicht lediglich als übliche Folgen einer bestimmungsgemäßen Prüfung und einem bestimmungsgemäßen Ausprobieren der Ware angesehen werden können, so dass gemäß § 357 Abs. 3 BGB Wertersatz zu leisten ist, welcher vorliegend in Anbetracht der seitens der beklagten Partei überreichten Rechnung für die Ersatzbeschaffung für den Gehäusedeckel der Höhe nach mit 55 Euro zu bemessen ist.“

Das Gericht war der Ansicht, dass § 357 Abs. 3 BGB, der den Wertersatz für Schäden infolge „bestimmungsgemäßer Ingebrauchnahme“ der Ware regelt, trotz der Fernabsatzrichtlinie und des EuGH Urteils wirksam sei. Die Regelung sei so auszulegen, dass der Begriff der kostenlosen Prüfen auch „Ausprobieren“ einschließt. Die in diesem Fall vorliegenden Gebrauchsspuren sind jedoch nicht Folge einer Prüfung nach den Grundsätzen von Treu und Glaube, so das Gericht.

„Nach Auffassung des erkennenden nationalen Gerichts rechtsfertigen Art und Umfang der vorhandenen Gebrauchsspuren die Annahme, dass es sich in Anbetracht der Grundsätze von Treu und Glauben vorliegend nicht lediglich um Gebrauchsspuren handelt, …, die bei einer Prüfung und beim Ausprobieren der Ware zwangsläufig entstehen, indem das Gerät vorsichtig und mit größtmöglicher Sorgfalt ausgepackt, in die Hand genommen und die Fernbedienung beziehungsweise die zur Bedienung notwendigen Schalter am Gerät zum Testen sämtlicher Leistungsmerkmale benutzt werden müssen.“

Das Urteil kann man hier nachlesen: AG Berlin Mitte, Az: 5 C 7/09 vom 05.01.2010

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Verarschen ist nicht gleich Bescheißen

Freitag, 1. Januar 2010 14:27

Im vorliegenden Fall ging es um einen Anbieter (Firma A.) der es unterlassen sollte im geschäftlichen Verkehr zu behaupten, dass ein Mitbewerber (Firma T.) seine Kunden „bescheiße“. Firma A. gab eine Unterlassungserklärung in der u.a. folgendes zu lesen war:

„lm geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs im Rahmen der Akquise von Pre-Selection-Kunden zu behaupten und / oder behaupten zu lassen (…)

3. wenn der aufgesuchte Kunde lieber der … das Geld in den Rachen werfen wolle – was zuviel bezahltes Geld sei -, anstatt die günstigen Tarife von … zu nehmen, dann solle er sich halt bescheißen lassen;“

In einem Verkaufsgespräch, sagte ein potenzieller Kunde dem Werber der Firma A., dass er lieber beim Anbieter T. bleibe anstatt zu A. zu wechseln. Er sei bereit für den besseren Service beim Anbieter T. auch mehr zu bezahlen. Daraufhin entgegnete der Werber:

„Dann lassen Sie sich weiterhin von denen verarschen.“

Anbieter T. sah darin einen Verstoß gegen den ursprünglichen Unterlassungstitel. Das LG Frankfurt sah dies anders.

„Der Verbotsumfang eines Titels beschränkt sich zwar nicht nur auf Verletzungsfälle, die mit der verbotenen Form identisch sind, sondern erstreckt sich auch auf solche Handlungen, die von der Verbotsform nur unbedeutend abweichen oder deren Abweichung den Kern der Verletzungshandlung unberührt lassen“

Dies liege hier nicht vor, da mit dem Begriff des „Verarschens“ gemeint ist, dass ein Betroffener veralbert oder zum Narren gehalten wird. Damit muss nicht zwingen ein materieller Nachteil verbunden sein. Anders als beim Wort „Bescheißen“ ergibt sich aus der Formulierung kein Betrugsvorwurf.

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