129 Bewertungen in 6 Monaten bei eBay können ein Indiz für gewerbliche Tätigkeit sein

Ein weiteres Urteil zum Thema „Wann liegt gewerbliches handeln vor?“. In der Entscheidung des OLG Hamm vom 21.08.2012 mit dem Aktenzeichen Az.: I-4 U 114/12, ging es um „Privatmann“ der neben seinem Beruf als Chemielaborant via eBay alte und neue Festplatten verkaufte. Er sah sich als Privatanbieter und nicht als gewerblicher Händler. Aus diesem Grund nutzer er auch keine ollständige Anbieterkennzeichnung und informierte die Kunden auch nicht über ein Widerrufsreccht. Er wurde von einer Firma abgemahnt, die ebenfalls Festplatten verkaufte. Die Firma machte geltend, dass sich aus der Anzahl von Bewertungen ein gewerbliches Handeln ergebe. Das sah der Chemielaborant natürlich ganz anders. Er behauptete, dass er die Festplatten aufgrund seines Hobbys des Computerbastelns kaufe und auch wieder verkaufe. Dabei erziele er nur einen geringen Gewinn. Das Handeln sei daher keinesfalls gewerblich. Das LG Essen sah dies in erster Instanz anders. Das LG folgte der Argumentation der rügenden Firma.

Die Entscheidung des OLG Hamm

Das OLG Hamm bestätigte im Rechtsmittelverfahren die Entscheidung des LG Essen. Eine gewerbliche Tätigkeit liege dann vor, wenn im Internet wiederholt mit gleichartigen, insbesondere auch neuen Gegenständen gehandelt wird. Dafür können neben der Art der angebotenen Waren auch die Anzahl der getätigten Verkäufe und die Zahl der vorliegenden Bewertungen durch die Käufer entscheidend sein.

Das OLG Hamm weiter:

Legt man dies zugrunde, spricht hier für eine gewerbliche Tätigkeit […] die Art und der Umfang der Verkaufstätigkeit des Antragsgegners.

Geht man von 129 Bewertungen innerhalb von 6 Monaten aus, so hat der Chemielaborant ca. 22 Verkäufe im Monatsdurchschnitt durchgeführt. Dies alleine unterstellt schon eine gewerbliche Tätigkeit. Im folgenden Fall hat der Chemielaborant auch gebrauchte und defekte Festplatten günstig gekauft um dann gegenüber den Herstellern Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Die neuen Ersatzplatten verkaufte gewinnbrindend weiter.

Diese „Masche“ spricht zumindest in gleichem Maße für ein gewerbliches Handeln wie ein Ankauf mit anschließendem Wiederverkauf.

Entscheidungsrelevant war auch, dass er nicht unterschiedliche Produkte angeboten habe, sondern sich auf Festplatten beschränkte. Die Tatsache, dass der Chemielaborant den Festplattenverkauft nur als Hobby betrieb sah das OLG nicht als hinderlich an:

Zwar habe der Bundesgerichtshof in der sonstigen Gewerbetätigkeit ein zusätzliches Indiz für gewerbliche Tätigkeit gesehen. Das bedeutet aber nicht, dass nicht von Gewerblichkeit auszugehen ist, wenn diese Besonderheit wie hier fehlt. Dann kommt es in der Gesamtschau nach wie vor auf Art und Umfang des Handelns an, die hier kaum einen anderen Schluss zulässt, als den auf die gewerbliche Tätigkeit.

Der Chemielaborant erklärte zum Zeitpunkt der Urteilsverkündung schon eine Weile überhaupt keine Festplatten auf eBay mehr angeboten zu habe. Die sah das OLG jedoch nicht als relevant an. Denn laut OLG Hamm sei entscheidend,:

…dass der Antragsgegner durch das geschäftliche Handeln eine Wiederholungsgefahr begründet hat und dass er die Tätigkeit weiterhin jederzeit wieder aufnehmen kann.

Daher habe die Firma einen Unterlassungsanspruch gegen den Chemielaboranten gem. §§ 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1, 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. §§ 355 BGB, 5 TMG, 475 Abs. 1 BGB.

Das ganze Urteil ist hier zu finden: OLG Hamm Az.:I-4 U 114/12 vom 21.08.2012

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